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Ausgewählter Beitrag

Vom Manuskript zum Buch (Teil 9)

Mit den Beiträgen in dieser Rubrik versuche ich das Innenleben eines Verlages zu beschreiben, wie ich es als Lektor, Redaktionsleiter und Verlagsleiter erlebt habe.  

Die Herstellungsabteilung

Meine kleine Artikelserie zieht den Vorhang ein wenig auf und gewährt einen Blick hinter die Kulissen eines Verlages. Ging es bisher hauptsächlich um das Lektorat mit Seitenblicken auf Marketing, Werbung, Presseabteilung und Vertrieb, so geht es diesmal um die Herstellungsabteilung eines Verlages. Sind doch die Aufgaben der Herstellung, wie sie im Verlag genannt wird, noch am ehesten das, woran Laien denken, die – wenn sie Verlag hören – meinen, in einem Verlag würden Bücher gedruckt.



Die Herstellung beschäftigt sich mit den Grunddaten eines Buches: Format, Umfang, Umschlag, Papier, Druck und Bindung eines Buches. Format und Umfang eines Buches sind dabei noch am wenigsten erklärungsbedürftig. Etwas komplizierter wird es dann schon, wenn es um den Umschlag geht: Soll es eine Broschur, ein laminierter Pappband, ein Hardcover mit Schutzumschlag oder eine Klappenbroschur werden? Und wenn es ein Hardcover werden soll, um welches Material soll es dann beim Umschlag gehen? Wird es Efalin oder Leinen oder Halbleinen oder gar Leder oder Halbleder? Bekommt das Buch auch noch einen Schutzumschlag? Der Buchdeckel kann geprägt und bedruckt, der Umschlag lackiert, glänzend oder matt cellophaniert werden. Und das sind nur einige Möglichkeiten, wie ein Umschlag beschaffen sein kann.

Welches Papier ist für das jeweilige Buch am besten geeignet? Handelt es sich um einen Roman, der normalerweise ohne Bilder oder Illustrationen auskommt, spricht man vom einfarbigen Druck, meist schwarz, wobei die Farbe egal ist, geht es doch nur darum, dass das Buch einfarbig ist. Das Papier für solche Bücher ist wesentlich günstiger als zum Beispiel Papier für Kochbücher, die viele farbige Abbildungen enthalten. Entscheidende Kriterien für Papier sind sein Gewicht, das Volumen und die jeweilige Oberfläche.

Und schlussendlich geht es noch um die Bindung eines Buches. Hier unterscheidet man in der Regel zwischen Klebebindung, Fadenheftung, Draht- und Spiralbindung, die auch Wire-O-Bindung genannt wird.

Hinzu kommen im Vorfeld noch das Layout und der Satz, also das Setzen des Buches. Um all diese Dinge kümmert sich die Herstellung eines Verlages. Wenn geklärt ist, ob es ein einfarbiges oder vierfarbiges Buch wird, wenn das Format, die Bindeart, also die sogenannte Konfektionierung des Buches, ob Broschur, Hardcover oder laminierter Pappband etc., feststehen, wenn die Auflage festgelegt ist, dann holt die Herstellung Druck- und Bindeangebote ein, kauft das entsprechende Papier und beauftragt eine Druckerei, das Buch zu drucken. In der Regel gehört das Papier nicht der Druckerei, sondern dem Verlag, der das Papier in der Druckerei lagern lässt, bis ein Nachdruck oder ein anderes Buch damit gedruckt wird. Nicht jede Papiersorte eignet sich für jede Druckmaschine. In welcher Druckerei, also auf welcher Maschine ein Buch gedruckt wird, hängt also von der Art und vom Format des Buches ab. Die meisten Bücher werden in 16er-Bogen gedruckt (16 Seiten auf einem Bogen, beidseitig bedruckt), und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Deswegen haben die allermeisten Bücher einen Umfang, der durch 16 teilbar ist, zum Beispiel 80 ... 128... 192 ... 256 ... 512 ... 784 etc. Es gibt aber auch Bogen mit 20 und mehr Seiten.

Die Herstellung arbeitet sehr eng mit dem Lektorat oder der Redaktion eines Verlages zusammen, schließlich soll immer die beste und nach Möglichkeit kostengünstigste Ausstattung für ein Buch gefunden werden. Das alles geschieht immer im Blick auf den potenziellen Leser bzw. Käufer des Buches: für welche Zielgruppe ist die jeweilige Ausstattung eines Buches am besten geeignet. Man denke nur an ältere Leser, für die eine kleine Schrift ungeeignet ist. Oder welches Layout ist für eine junge Zielgruppe am ehesten geeignet? Oder welcher Umfang ist für ein bestimmtes Thema (zum Beispiel bei Ratgebern oder Sachbüchern) angemessen, optimal oder am kostengünstigsten.

In den Herstellungsabteilungen arbeiten nicht selten Menschen mit Ausbildungen zum Setzer, Drucker oder Buchbinder, oft auch Grafikdesigner oder Druckingenieure, gelernte Buchhändler mit Spezialausbildung Verlagskauffrau oder Verlagskaufmann.

Nachfolgend einige alte Fachausdrücke der Schwarzen Kunst, wie das Druckgewerbe früher bezeichnet wurde.

Ausschießen (meint einen Ordnungsvorgang): Es geht in der Regel um das Stellen der Seiten eines Bogens, sodass diese nach dem Druckvorgang in der richtigen Reihenfolge erscheinen.

Brotschrift: Der noch heute gebräuchliche Begriff kommt aus einer Zeit, als die Buchdrucker ihren Broterwerb ausschließlich mit dem Verkauf von Büchern erzielen mussten. Brotschrift meint vereinfacht die in einem Buch hauptsächlich verwendete Schrift (mitunter auch Schriftgröße).

Durchschuss: Dieses kriegerische Wort meint den Abstand der einzelnen Zeilen zueinander.

Handtuch: Von einem Handtuch spricht man, wenn eine Satzspalte lang und schmal ist, eben wie ein Handtuch.

Hose: Eine Hose meint besonders schmale Zeilen, die oft neben Illustrationen oder Tabellen stehen.

Hurenkind: Der auch von Lektorat und Korrektorat häufig gebrauchte Ausdruck bezeichnet eine Zeile am Kopf einer Seite, die nicht wie die meisten anderen Zeilen bis zum Rand geht. Hurenkinder sollten ausgetrieben (den jeweiligen Satz verlängern) oder eingekürzt (den jeweiligen Satz kürzen) werden. Das ist eine rein ästhetische Notwendigkeit.

Kolumnentitel: Damit ist die Seitenüberschrift gemeint, die normalerweise am Kopf der Seite steht. Kolumnentitel können aber auch unten auf der Seite stehen, meist in Verbindung mit der Pagina.

Schimmel: Wenn ein Blatt fälschlicherweise nur einseitig bedruckt wurde und damit die andere Seite weiß blieb, sprach man von Schimmel in Anspielung auf das bewusste Pferd.

Schusterjunge: Darunter versteht man die Anfangszeile eines Abschnitts, die am Ende einer Spalte oder Seite steht, meist eingerückt. Um sie – wie beim Hurenkind – zu tilgen, muss der Satz entweder angehängt, eingekürzt oder ausgetrieben werden.

(vgl. Dieter Nadolski: Kleines Lexicon der Schwarzen Kunst. VEB, Bibliografisches Institut Leipzig, 1985)

Josch 28.11.2016, 23.06

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