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Was für immer mir gehört

"Eine Offenbarung und mein Talisman" (Oprah Winfrey)

Im zweiten von insgesamt sieben Bänden ihrer Autobiografie erzählt Maya Angelou – eigentlich Marguerite Annie Johnson – von ihrem Leben als Siebzehn- bis Neunzehnjährige. Es ist die Geschichte einer jugendlichen Schwarzen mit Kind in Amerika kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Drei Jahre Suche nach einer sicheren Existenz, Suche nach einem verlässlichen Partner. Drei Lebensjahre, geprägt von Wünschen und Träumen, von ungebrochenem Überlebenswillen einer jungen oder besser: jugendlichen Frau, die bei allen Rückschlägen und Hindernissen, die ihr das Leben schwer machen, sich immer ihrer Verantwortung für ihr Baby bewusst ist. Und damit ist das Buch nicht einfach eine x-beliebige Autobiografie, sondern faszinierendes Lehrstück, nicht nur für junge Frauen.



Über die Wunder des Lebens

Rita, wie ihr Vorname meist abgekürzt wird, bewirbt sich bei der Telefongesellschaft und muss einen Eignungstest ablegen, bei dem sie Opfer ihrer intellektuellen Überheblichkeit wird und durchfällt. Aber man bietet ihr eine Stelle als Hilfskraft in der Cafeteria an, wo sie die Tische der Leute abräumen muss, an denen sie eigentlich sitzen sollte, wäre es nach ihrer Überzeugung gegangen. Sie arbeitet als Hilfskraft, Kellnerin, Köchin, Küchenchefin, Tänzerin, verkauft gestohlene Kleidung, wird eher zufällig Zuhälterin, flieht schließlich verängstigt und rastlos aus San Diego zu ihrer Großmutter, als das Gewerbe aufzufliegen droht. Und die Großmutter nimmt sie auf, als sei sie nicht sieben Jahre weggewesen. Im ersten Band – Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt – beschrieb Maya Angelou ihre Kindheit, die sie zusammen mit ihrem Bruder Bailey zum allergrößten Teil bei ihrer Großmutter in Stamps in Arkansas verbracht hatte. Und nun ist sie also wieder bei ihrer zwar strengen, aber von ihr verehrten und geliebten Momma, hilft im Laden mit und trifft auf Gefährtinnen von früher, die ihr das Leben in San Francisco und San Diego neiden und sie deswegen ausgrenzen. Nach einem für eine Schwarze ungebührlichen Verhalten einer Weißen gegenüber schickt sie die Großmutter wieder zurück nach San Francisco zu ihrer Mutter. Rita bewirbt sich bei der US-Armee, wo sie alle Test besteht, jedoch wegen ihrer früheren Tanz-Ausbildung in der California Labor School, die vom Komitee für unamerikanische Umtriebe als kommunistische Organisation gilt, nicht genommen wird. Es folgen Stationen in Stockton, in Oakland  und schließlich wieder bei ihrer Mutter in San Francisco.


Die unkonventionelle Kämpferin

So unstet die Orte, so unstet die Jobs, so klar ist ihre Sehnsucht, geliebt und angenommen zu werden, einen Mann zu finden, auf den sie sich verlassen kann. Sie sehnt sich nach einem geregelten Leben in bürgerlichem Wohlstand, mit allem, was eine junge Mutter mit Kind vermeintlich zum Leben braucht. Rita glaubt unerschütterlich an das Gute und an sich selbst.

Kein Job ist ihr zu schmutzig, keine Arbeit zu schwer. Es geht ihr dabei einzig und allein ums Überleben. Bei all ihren Versuchen, einen Partner fürs Leben zu finden, fällt sie immer wieder auf die Nase. Doch Rita beklagt sich nicht. Und es gibt an keiner Stelle eine moralische Bewertung ihres Handelns, auch nicht von ihrer Mutter. Das Buch ist damit ein zutiefst optimistischer, hoffnungsvoller Beleg, wie Leben gelingen kann gegen alle Widrigkeiten. Es ist die Geschichte eines trotzigen Mädchens – in diesem Fall einer jungen Frau – im Kampf gegen unvorstellbare Widerstände. Und zur gleichen Zeit singt es die schönste Hymne auf die weltverändernde Kraft der Worte, der Fantasie, der Zärtlichkeit im Angesicht des Grauens, wie es der Verlag formuliert.

Verena Lueken, die für das Buch ein Nachwort beitrug, berichtet, dass Maya Angelous Sohn Guy bei der Beerdigung seiner Mutter an eine Anweisung von ihr erinnerte: "Was du gelernt hast, unterrichte. Was du bekommen hast, gib weiter."


Fazit

"Maya Angelou ist die Ikone der afroamerikanischen Literatur, ihre Geschichte die eines ganzen Landes, ihre Worte sind weltverändernd für so viele, Barack Obama, Beyonce, James Baldwin, Toni Morrison, Oprah ihre Verehrer ... ", heißt es auf der U-4-Seite des Buches. Ich hoffe sehr, dass der Verlag die autobiografischen Bände fortsetzt.


Maya Angelou, geboren 1928, war Tänzerin, Calypso-Sängerin, erste schwarze Straßenbahnschaffnerin San Franciscos, alleinerziehende Mutter, Pimp, Schauspielerin, Theaterregisseurin, Filmregisseurin, Journalistin, Prosaschriftstellerin, Lyrikerin, Bürgerrechtlerin, engste Vertraute von Martin Luther King und Malcolm X. Sie starb 2014.


Maya Angelou: Was für immer mir gehört. Aus dem amerikanischen Englisch von Melanie Walz und einem Nachwort von Verena Lueken. Suhrkamp Verlag. Berlin 2020. 248 Seiten. Broschur. ISBN 978-3-518-47082-4. LP 16,00 €

Josch 15.12.2020, 11.03

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von karin

danke für diese buch (autoren)vorstellung und: ich wünsche das beste für weihnachten, das neue jahr, die gesundheit und die lebensfreude!

vom 16.12.2020, 18.40
Antwort von Josch:

Ich danke dir für deinen Kommentar auf meinem Blog und freue mich, wenn dir das Buch zusagt.
Ich wünsche dir eine gesunde, infektionslose Zeit, ein erholsames Weihnachtsfest und ein rundum gutes neues Jahr.

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