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Gorillas sind schlauer als Menschen

Gespräch mit meinem damals etwa fünfjährigen Sohn

Wie nahezu jeden Tag kam mein Sohn schon kurz nach sechs in der Früh ans Bett seiner Eltern, um sie aufzuwecken und ihnen gleich eine Menge Fragen zu stellen. Wenn die Eltern schlafbedingt auf seine Fragen oder Vorschläge nicht eingingen, dann griff er zu wirksameren Mitteln, zum Beispiel an den Fußsohlen kitzeln, in den Ohren herumfummeln, die Nase zuhalten, sodass man nach Luft schnappen musste. Da waren dann die Eltern sehr schnell hell wach.

An diesem Morgen schlug er vor, wieder einmal in den Zoo zu fahren. Und da wir nichts Besseres geplant hatten, wollten wir ihm den Wunsch erfüllen. Also standen wir etwa drei Stunden später mit einem stillen, aber sehr konzentriert beobachtenden Sohn vor dem Gorilla-Gehege, das es ihm in besonderer Weise angetan hatte.

Wieder zu Hause, baute sich mein Sohn in seinem Zimmer eine „Affenhöhle“ und bat mich, auch einen Gorilla zu spielen. Etwas widerwillig ließ ich mich darauf ein, um aber sofort von ihm korrigiert zu werden: Offenbar bewegte ich mich nicht nur ganz falsch, sondern setzte auch noch meine Hände nicht richtig ein. Mein Sohn verbesserte, spielte vor, gab Anweisungen, wie ich mich zu bewegen, was ich zu machen habe, bis es mir irgendwann zu anstrengend wurde und ich ihn fragte, ob ich nun wieder ein Mensch sein dürfte.

Am Abend dann, als ich ihm wie nahezu jeden Tag eine Geschichte vorlesen wollte, fragte er mich, ob ein Gorilla stärker als ein Mensch sei. Natürlich ist so ein großer Menschenaffe wesentlich stärker als ein Mensch. Aber wie sich im Laufe unseres Gesprächs herausstellte, ging es ihm weniger um die Kraft eines Gorillas, sondern darum, was passieren würde, wenn man einem solchen Tier in freier Wildbahn begegnen würde. Da ich kein Affenforscher bin, überlegte ich laut, dass ich dann wahrscheinlich davonlaufen würde, weil ich mich auf keinen Fall auf einen Kampf mit einem solch großen Tier einlassen wollte. Ja, ich würde mich auch vor einem Hund, der mich angreift, in Sicherheit bringen.

Ich konnte richtiggehend spüren, wie es in meinem Sohn arbeitete.

„Und wenn es nur ein kleiner Hund ist, würdest du da auch weglaufen?“

„Wenn mich ein kleiner Hund angreift, würde ich wahrscheinlich nicht weglaufen, aber ich würde versuchen, ihn abzuwehren oder ihn zu beruhigen.“

„Und wenn dich ein Räuber angreifen würde, würdest du dann auch davonlaufen?“

Mir war schlagartig klar, dass ich nun aufpassen musste, mein Gesicht nicht zu verlieren. Schließlich sollte mein Sohn nicht das Gefühl haben, sein Vater sei ein Weichei, ein Feigling, der schon vor der geringsten Bedrohung das Weite sucht, auf den man sich als Kind nicht verlassen könne. Ich versuchte ihm daher zu erklären, dass es ganz und gar nicht mutig sei, sich jeder Gefahr entgegenzustemmen.

„Wenn mich ein fremder Mann angreifen würde, vielleicht sogar mit einer Waffe, dann würde ich ihm ausweichen, und zwar so schnell ich nur könnte. Oder ich würde ihm alles geben, was er von mir haben wollte. Aber am besten wäre es schon, wenn ich einfach davonlaufen könnte.“

„Und wenn du eine Waffe hättest, würdest du den Angreifer dann erschießen?“

„Wenn ich eine Waffe hätte, würde ich den Angreifer höchstens bedrohen, schießen würde ich auf keinen Fall, es sei denn, er würde dich oder deine Mama ernsthaft bedrohen. Vielleicht würde ich ihn dann ins Bein schießen, ich weiß es nicht. Man darf niemand erschießen, auch keinen Räuber, keinen Einbrecher. Kein Mensch darf einen anderen Menschen verletzen, geschweige denn töten. Das machen nur sehr sehr böse Menschen.“

Für einen Moment war es ganz still, mein Sohn dachte angestrengt nach: „Aber Tiere greifen schon an, und sie beißen auch oder töten andere.“

„Ja, wenn sie angegriffen werden, dann schlagen sie zurück und kämpfen miteinander.“

„Aber die Löwen jagen und töten andere Tiere, ohne dass sie angegriffen werden.“

„Ein Löwe ist eine Raubkatze. Er tötet andere Tiere, weil er sonst verhungern würde. Löwen sind Fleischfresser. Wenn Sie satt sind, dann jagen sie nicht, dann liegen sie friedlich und müde in der Gegend herum.“

„Das sollten die Menschen auch machen. Sie sollten nur angreifen, wenn sie Hunger haben.“

Ich muss über diese Schlussfolgerung schmunzeln und gebe zu bedenken: „Auch wenn wir Hunger haben, dürfen wir andere Menschen nicht angreifen. Meistens sind Menschen, die andere grundlos angreifen, sie bedrohen, schlagen oder sonst wie verletzen, sehr schwer krank.“

„Aber wenn man angegriffen wird, darf man sich schon wehren. Das machen die Gorillas auch.“

„Ja, das machen Gorillas auch. Die greifen nur an, wenn sie überrascht oder bedroht werden. Manchmal greifen sie auch nur zum Schein an. Dann brüllen sie und tun so, als ob sie angreifen würden.“

Mein Sohn überlegt noch ein wenig und schließt dann: „Gorillas sind schlauer als Menschen. Manche Menschen greifen ohne Grund an. Das macht ein starker Gorilla nicht.“

Was soll ich dagegen einwenden? Irgendwie hat er recht, unser Gorilla.

(© Foto: fotolia, andamanec)

Josch 16.11.2016, 17.26

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