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Literatur auf RadioBuh

Seit Juli (2016) unterhalte ich mich einmal im Monat mit Jörg Hartl auf RadioBuh über Literatur. Jörg ist ein exzellenter Trompeter und als solcher Bandmitglied bei LaBrassBanda, der faszinierenden Kultband aus Bayern, und zudem ist er seit zehn Jahren der Trompetenlehrer meines Sohnes. Als mich Jörg im Frühjahr fragte, ob ich nicht Lust hätte, in seiner Sendung „Hallo, hier ist der Jörg“, die immer sonntags um 16:00 Uhr auf dem Programm steht, etwas über Literatur zu machen, war ich sofort dabei. Zwar bin ich kein Radioprofi und auch kein Entertainer, aber Bücher sind zentraler Inhalt meines Lebens, mit dem ich seit 1978 meinen Lebensunterhalt verdiene.



Bisher habe ich bereits bei vier Sendungen mitgewirkt. In der ersten Sendung plauderten wir eher allgemein über Literatur und über mich. Jörg wollte mich den Hörern vorstellen. Es ging darum, wie ich zu meinem Beruf kam, warum ich Neuere Deutsche Literatur und Sprache und Literatur des Mittelalters studiert habe, warum mich Bücher bis heute faszinieren, was meine Lieblingsbücher sind und dergleichen. Ich habe mich oft verhaspelt, habe im Eifer des Gefechts Namen durcheinandergebracht oder wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Und so hat mich Jörg mit seinen Fragen, die wir nicht abgesprochen hatten und auf die ich mich folglich auch nicht vorbereiten konnte, zum Teil ganz schön in die Bredouille gebracht. Wir haben die Sendung ohne Schnitt und Überarbeitung so gelassen. Und kaum zu glauben: Ich bekam einige sehr positive und ermunternde Rückmeldungen.


Da ich mich seit Längerem vorwiegend mit amerikanischer Literatur beschäftige, war das Erscheinen von „Gehe hin, stelle einen Wächter“ von Harper Lee 2015 ein literarisches Großereignis. Es lag nahe, dass ich Harper Lee unbedingt breiten Raum geben wollte. Daher ging es also in der zweiten Sendung um Harper Lee und ihre beiden Romane. Zwar habe ich mich auch in dieser Sendung öfter mal versprochen, habe, weil ich so aufgeregt war, einmal „Cem“ und „Scout“, die beiden Hauptfiguren des Romans, durcheinandergebracht, aber es ging schon wesentlich besser als bei der ersten Senung, zumal die beiden Romane „Gehe hin, stelle einen Wächter“ und „Wer die Nachtigall stört“ unglaublich interessanten Gesprächstoff bieten. Was aber der Sendung einen gewissen Kick gab, war nicht so sehr unser Livegespräch, sondern vor allem, dass mich Jörg ermunterte, aus den Büchern vorzulesen. Das hat mir großen Spaß gemacht. Ich werde in der nächsten Zeit noch ausführlich auf die beiden Bücher eingehen.

In der dritten Sendung schließlich ging es um die beiden Romane „Stoner“ und „Butcher's Crossing“ von John Williams. Vor allem „Stoner“ ist ein Text, der mich zutiefst berührte. Ich hatte seit Jahren keinen Text mehr gelesen, der mir derart unter die Haut ging. Mit dieser Sendung war ich dann schon ganz zufrieden. Mir ist durchaus bewusst, dass ich kein stromlinienförmiger Moderator bin und es auch niemals sein werde. Ich habe zum Beispiel gemerkt, dass ich mitunter viel zu schnell spreche, dass ich die Inhalte nicht eindeutig linear vortrage, dass mir stellenweise Gedankensprünge unterlaufen. Aber es trifft auch zu, was mir ein alter Bekannter über die letzte Sendung schrieb: „Mir gefällt Deine Sendung. Man spürt Deine Begeisterung für Literatur, auch dass Du nur zwei Bücher vorstellst von einem Schriftsteller, während es in den Sendungen, die ich kenne, oft lediglich Lesetipps gibt.“ Und ein Freund schrieb mir: „Das war eine tolle Radiosendung. Das Zuhören hat mir richtig Spaß gemacht. Deine Inhaltsangaben zu den Büchern waren exzellent! Außerdem liest Du sehr schön vor. Gut auch die Information zum zeitlichen Bezug. Ich  freue mich auf die nächste Sendung.“ Auch wenn diese Rückmeldungen den Geist der emotionalen Nähe zu mir atmen, habe ich mich dennoch sehr gefreut. Wem die Sendung auf die Nerven geht und wer sie ätzend findet, wird sie ohnedies abschalten, wie es eben beim Radio und Fernsehen immer passiert.

Ich war also mit diesen Rückmeldungen sehr glücklich, weil sie beschrieben, worum es mir mit dem „Talk“ geht: Begeisterung für Literatur zu wecken und die Texte zeitlich einzuordnen, was bei hochstehender Literatur notwendig ist, damit man sie entsprechend interpretieren kann. Bei einem einfachen Liebesroman ist dies ja meist weniger relevant.

Es geht mir in der Sendung nicht um die Analyse, um die Interpretation der Texte. Das könnte ich in einer Stunde, so lang dauert jeweils eine Sendung, niemals leisten. Es geht mir aber darum, Menschen wieder zum Lesen zu bringen oder ihnen interessante und aus meiner Sicht wichtige Bücher vorzustellen. Wenn nach der Sendung der eine oder andere Hörer sagen würde: Der Roman interessiert mich, den möchte ich auch lesen, dann hätte ich mein Ziel erreicht. Ich kann nur begeistern, wenn ich selbst brenne.

In der vierten Sendung (am 30. November) wird es um einen Thriller gehen, nämlich um „Schachmatt“ von Stephen L. Carter, der auf dem deutschen Markt nicht die große Beachtung bekam, die er auf dem US-amerikanischen Markt auslöste. Ich habe diesen 850-Seiten-Roman dreimal gelesen. Er wurde für mich zu einer „lesetechnischen“ Initialzündung. Ich hatte nämlich bis dahin – ich las den Roman 2003 zum ersten Mal – noch nie einen Krimi gelesen. Und seitdem gehören Krimis zu meinem persönlichen „Lesekanon“. Ich brauche seit diesem Leseerlebnis regelmäßig Krimis, nicht nur „hochstehende“, sondern auch sogenannte „triviale Texte“, Bücher zum Entspannen.

"Stoner" und „Butcher's Crossing“ habe ich auf meinem Blog bereits vorgestellt, die anderen Bücher werde ich in nächster Zeit noch näher besprechen. Bis dahin: Viele atemberaubende Lesestunden und verblüffende Einsichten dank der Fantasiewelt, in die uns die Autoren mit ihren Büchern entführen.


Josch 28.10.2016, 15.21

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Kommentare zu diesem Beitrag

3. von Bernhard Straßer

Über Literatur im Chiemgau wurde hier ja schon vor einigen Jahren diskutiert. Die Frage bleibt natürlich, ob man nicht die Themen Chiemgau und Literatur kombinieren kann. Es gibt sehr viele bedeutende Literaten, die sozusagen "Chiemgau Autoren" waren. Die bekanntesten wohl Thomas Bernhard und Ludwig Thoma, dann fallen mir die Chieminger Norbert Niemann und Sten Nadolny ein und auch Ronja von Rönne hat Chiemgau-Wurzeln!

vom 15.08.2022, 08.58
Antwort von Josch:

Thomas Bernhard würde ich jetzt nicht unbedingt als "Chiemgau-Autor" bezeichnen, aber generell spricht nichts dagegen, Bücher von sogenannten "Chiemgau-Autoren" zu besprechen. Ich habe bisher von Nadolny, Niemann und Rönne noch nichts gelesen. Thomas Bernhard dagegen gehört zu meinen Favoriten und mit Thoma habe ich mich im Studium wissenschaftlich beschäftigt. Wenn ich auf meinem Blog Bücher rezensiere, sollten sie möglichst aktuell sein, denn die Bücher von Bernhard und Thoma kennen ja die meisten Besucherinnen und Besucher meines Blogs schon. Im Moment liegen noch drei Titel auf meinem Schreibtisch, die ich in den nächsten Monaten rezensieren möchte, aber danach lese ich gern auch mal Chiemgau-Autoren und stelle sie hier vor.
2. von Chiemgau Autoren

Hallo und Servus, vielleicht kann man in der Literatursendung auch mal Bücher und Geschichten der Chiemgau-Autoren vorstellen?

vom 16.11.2016, 22.48
Antwort von Josch:

Es spricht nichts dagegen, auch über Bücher von Chiemgau-Autoren zu sprechen. Mir geht es aber nicht um Werbung, vielmehr möchte ich dem Hörer Literatur vermitteln. In der nächsten Sendung geht es um Chimamanda Ngozi Adichie, dann möchte ich was zu Lion Feuchtwanger machen, und danach gern auch was zu Regionalliteratur. jkp
1. von Julia Feldbaum

Was ist eigentlich mit Feuchtwanger? Wird er nicht mal Thema sein? Ich finde, er wäre eine spannende Brücke zwischen Bayern und den USA, wohin er ja einst emigrierte ...


vom 05.11.2016, 20.56
Antwort von Josch:

In der nächsten Sendung geht es noch einmal um das Thema "Schwarz/Weiß" am Beispiel des wunderbaren Romans Americanah von Chimamanda Ngozi Adichie. Und danach tauchen wir ein in die deutsche Literatur, natürlich mit Lion Feuchtwanger, den zu besprechen eine Gratwanderung darstellt, da er ja für viele Menschen schon so weit weg ist. Aber er hat einfach so wichtige und grandiose historische Romane geschrieben, dass man an ihm nicht vorbeikommt, wenn man sich mit unserer Geschichte und Kultur auseinandersetzen möchte. Aber auch Stefan Heym, Heinrich Böll oder auch Johannes R. Becher, und in jüngerer Zeit Thomas Bernhard. Das gibt jedenfalls Stoff bis ans Ende meiner Tage. Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre wichtige Anregung.
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