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Über Tugenden nachdenken?

Mein Beitrag „Konfliktpotenzial Stolz und Ehre“ vom 25. April 2016 hat doch einige Leser zum Nachdenken angeregt (was mein Blog ja auch bezweckt). Zwar hinterließen nur wenige einen Kommentar unmittelbar auf dem Blog, sprachen mich aber persönlich darauf an oder schrieben mir eine Mail. Ein ganz wichtiger Kommentar kam von meinem Freund Stefan, der mich daran erinnerte, dass Stolz und Ehre ja sogenannte „Tugenden“ seien, die sich die Neonazis buchstäblich auf ihre Fahnen geschrieben haben. Das ließ mich noch einmal über Tugenden grundsätzlich nachdenken. Ist es doch ein Thema, das mich schon seit Längerem beschäftigt.



Unter „Tugend“ verstehen wir eine sittlich einwandfreie, vorbildliche Haltung. Tugend ist keine Vorschrift, an die wir uns halten müssen, wie etwa an Gebote oder Gesetze. Eine Tugend ist vielmehr eine innere Einstellung. Das Wort Tugend leitet sich ab von taugen, von Tauglichkeit. Tugenden sind demnach erstrebenswerte Charaktereigenschaften. Mir fallen dazu die christlichen Kardinaltugenden ein:


  •  Klugheit
  •  Gerechtigkeit
  •  Tapferkeit
  •  Mäßigung
  •  Glaube
  •  Hoffnung
  •  Liebe.

Im Lauf der Geschichte hatte jede Epoche ihre speziellen Tugenden. Im Mittelalter zum Beispiel Geduld, Demut, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Starkmut, Mildtätigkeit, Wohlwollen und Güte.

Später waren es dann Ehre, Treue, Mut, Wahrheit, Gastfreundschaft, Disziplin, Fleiß, und Ausdauer. Das Bürgertum erhob Sparsamkeit und Pünktlichkeit zu Tugenden, also zu erstrebenswerten Eigenschaften. Zu den militärischen Tugenden zählten Gehorsam, Treue, Kameradschaft und Freimut.

Ich frage mich, ob all diese Tugenden noch zeitgemäß sind. Bräuchten wir nicht einen neuen Tugendkatalog, der uns das Zusammenleben erleichtert? Und das wäre doch eine wichtige Funktion, die Tugenden haben sollten. Es sollten Eigenschaften sein, die uns staunen lassen, die uns erstrebenswert erscheinen.

Wie wäre es zum Beispiel mit Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Hingabe?

Wie steht es mit Staunen, Vertrauen, Vergeben-Können und Dankbarkeit? Würde sich unser Zusammenleben nicht massiv ändern, wenn nicht nur Politiker und Manager, sondern jeder einzelne zum Beispiel unbestechlich wäre? Wenn es nicht nur vor Gericht um Gerechtigkeit ginge? Wie steht es mit Zurückhaltung, Zielstrebigkeit, Achtung, Toleranz und Respekt? Könnte nicht die Fähigkeit, sich und anderen Fehler einzugestehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, zu einer modernen Kardinaltugend werden?

Für mich wäre eine Gesellschaft ideal, in der man sich mit Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Gewissenhaftigkeit und Geradlinigkeit begegnet, ohne ausschließlich den eigenen Vorteil im Blick zu haben.

Gewiss, das klingt fast wie eine Predigt, ein Idealbild eben. Mir geht es gar nicht um ein Moralisieren. Aber mir sind diese alten Tugenden Stolz und Ehre, Vaterlandsliebe, falsch verstandene Tapferkeit und Mut zutiefst zuwider. Haben sie uns doch so viel Unheil gebracht. Daher wäre es meines Erachtens höchste Zeit, über einen neuen Tugendkatalog nachzudenken und diesen immer wieder in Frage zu stellen. Auch das könnte eine Tugend sein: Sich hinterfragen zu lassen, eigene Überzeugungen zum Wohle des anderen außer Acht zu lassen und sie mit neuen Werten zu füllen. Von Konrad Adenauer ist der Ausspruch überliefert: „Keine Experimente!“ Heißt das, sich nicht zu verändern? Immer am gleichen „alten Stiefel“ festzuhalten? Da sind mir Veränderung, inneres Wachstum, Wandel wesentlich lieber. Allerdings sind solche Tugenden sehr schwer zu leben, zu verwirklichen.

Viele heute fragwürdige Tugenden – und dazu zähle ich Stolz und Ehre in ganz besonderer Weise – sind gefährlich und verabscheuungswürdig. Menschen, denen diese „Tugenden“ wichtig sind, rücken sich selbst in den Mittelpunkt, ohne Rücksicht auf den anderen. Aufeinander zugehen, kommunikationsbereit sein, zuhören können und Verständnis für den anderen zu haben, ohne sich selbst aufzugeben: Das sind für mich Kardinaltugenden, die wir in den Blick nehmen sollten und über die es sich lohnt, nachzudenken.

Josch 04.05.2016, 17.57

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