Einfach zum Nachdenken

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Ausgewählter Beitrag

„Sieh diesen Tag, denn er ist Leben...“

Die Zeit zwischen den Jahren ist für mich die eigentlich stille Zeit des Jahres. Zeit zum Innehalten und Nachdenken. Was hat das zu Ende gehende Jahr gebracht? War es ein gutes Jahr? Oder war es ein Jahr, hinter das man schnell einen Haken setzen sollte, gepflastert von Schicksalsschlägen, Niederlagen und Verlusten? Wer war für das Jahr, so wie es abgelaufen ist, verantwortlich? War ich es nicht selbst? War ich nicht der Gestalter meines Lebens und seiner Umstände?



Menschen, die uns 2016 verlassen haben

Auf die wirklich existenziellen Dinge im Leben haben wir allerdings keinen Einfluss. Die gilt es einfach anzunehmen.

2016 haben uns viele bekannte Persönlichkeiten für immer verlassen. Ohne sie alle aufzählen zu wollen, denke ich besonders an David Bowie, Roger Willemsen, Rupert Neudeck, Muhammad Ali und Max Mannheimer. Der Tod dieser Menschen geht mir deswegen nahe, weil ich ihre Lebensleistung bewundere, und ich bin dankbar dafür, dass es sie gab. Ich lasse Revue passieren, wie ich sie wahrgenommen habe, warum sie für mich persönlich Bedeutung hatten. Beispiel Muhammad Ali: Ich hatte mir damals, am 30. Oktober 1974, um kurz vor 4:00 Uhr den Wecker gestellt, um den „Rumble in the Jungle“ in Kinshasa gegen George Foreman an meinem kleinen schwarz-weiß Fernseher zu verfolgen.

Ich erinnere mich an einige spannende Interviews mit Roger Willemsen und an so manchen Artikel von ihm in Die Zeit. Er war ein außergewöhnlicher Moderator und Gesellschaftskritiker.

Ich denke an David Bowie und seine Musik, besonders an seinen wunderbaren Hit Space Oddity.

Ich denke an Max Mannheimer, den „weißen Raben“, und seine so wichtige Arbeit als Holocaust-Überlebender, ich sehe ihn vor mir mit seinen feinen Gesichtszügen und den weißen Haaren bei vielen Geschwister-Scholl-Preis-Verleihungen, wo er immer in der ersten oder zweiten Reihe saß und das Geschehen aufmerksam verfolgte.

Ich denke an Rupert Neudeck und seinen atemberaubenden Einsatz für die Boatpeople 1979, als er mehr als 10.000 Menschen das Leben rettete.

Es lässt mich immer etwas bedrückt zurück, da ich selbst nicht annähernd Großes geleistet habe.

 

Was sind spektakuläre Lebensleistungen?

Ich denke an die vielen Menschen, die durch Unfälle und Anschläge gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden. Auch wenn ich mit ihnen keine konkreten Gesichter verbinden kann, überlege ich mir, wie es wohl ihren Angehörigen und Freunden gehen mag.

Ich weiß, dass nicht jeder Mensch großartige, spektakuläre Lebensleistungen vollbringen kann. Aber ist damit das Leben dieser Menschen, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen, die einfach ihren Platz im Leben ausfüllen, weniger wert?

Die Zeit des Reflektierens zwischen den Jahren ist für mich auch eine Zeit der Hoffnung, der Erwartung: Was wird das neue Jahr bringen? Was hält es für unliebsame Überraschungen bereit? Ich habe mir noch nie irgendwelche Dinge vorgenommen, habe keine Pläne fürs neue Jahr geschmiedet, auch Bleigießen in der Silversternacht – das ich ein- oder zweimal mitgemacht habe – hat mir keinen besonderen Spaß gemacht.

 

Was wird das neue Jahr bringen?

Bei solchen Gedanken bleibe ich meistens an meiner Situation im Hier und Jetzt hängen: Ich schaue zum Fenster hinaus, betrachte den Himmel, sitze da und spüre in mich hinein. Mir fällt ein, was Ernst Pöppel in seinem Buch „Je älter, desto besser“ über die Gegenwart schrieb: Sie dauere nur etwa drei Sekunden: einmal einatmen und ausatmen. Dann ist es vorbei mit der Gegenwart. Irgenwie kommt man also nicht weiter mit Gestern, Heute und Morgen. Und dennoch hat dieses Nachdenken eine unbeschreibliche Kraft: Sie macht mir bewusst, dass es nur darauf ankommt, den Augenblick so anzunehmen, wie er ist, ohne viel hineinzuinterpretieren. Keine großen Erwartungen zu hegen heißt ja nicht, die Zukunft vollkommen außer Acht zu lassen, mich nicht auf bestimmte Dinge – ein Konzert, einen Urlaub, ein Jubiläum etc. – zu freuen. Ohne diese Vorfreude wäre für mich das Leben nur schwer erträglich. Und dennoch geht es nur um das Hier und Jetzt. Wer weiß, ob ich das Konzert, den Urlaub, das große Fest erlebe? Bei Carnegie heißt es zum Beispiel: „Sieh diesen Tag, denn er ist Leben, ja das Leben selbst.“ Es geht also darum, das Leben anzunehmen, wie es ist. Etwas anderes bleibt uns ohnedies nicht übrig, wie Günter Grünwald am Ende seiner Sendungen immer sagt. So einfach ist das. Und dennoch sensibilisiert mich das Nachdenken für das, was im abgelaufenen Jahr schief gelaufen ist, was ich vernachlässigt, was ich falsch gemacht, wen ich verletzt oder vor den Kopf gestoßen habe. Und das zumindest könnte ich ja künftig vielleicht vermeiden oder minimieren. Ob es mir gelingt, werde ich ja dann nächstes Jahr feststellen ...

Josch 29.12.2016, 14.55

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