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Für Frieden und Freiheit demonstrieren

Ostermarsch oder Emmausgang?

Mit Ostern verbinde ich seit jeher den eigentlichen Beginn des Frühlings. Als Jugendliche haben wir – einer Tradition in unserer Gemeinde folgend – tatsächlich häufig am Ostermontag einen ausgedehnten Spaziergang oder besser: eine kleine Wanderung gemacht, meistens in ein etwa sieben Kilometer entferntes, sehr schön gelegenes Dorf. Dort kehrten wir dann im Dorfgasthaus ein und saßen meist bis zum frühen Abend da, tranken, aßen, rauchten, blödelten, schmusten mit unseren Begleiterinnen und ließen es uns gut gehen. Manche aus der Clique waren am frühen Abend bereits ziemlich angetrunken, da sie es nicht gewohnt waren, den ganzen Nachmittag herumzusitzen und zu trinken. Dann mussten wir aufpassen, dass wir auch alle zusammen wieder ohne Probleme nach Hause kamen.



Ostermarsch: Symbolhandlung für Frieden und Freiheit

Später dann, als ich fern von zu Hause studierte, beteiligte ich mich auch an den sogenannten Ostermärschen, vorwiegend als Protestmarsch gegen die Stationierung von Atomwaffen oder als Friedensdemo. Es waren wichtige Ereignisse, die nach meiner Überzeugung die Grundbotschaft von Ostern darstellen und ohne die Ostern für mich sinnentleert gewesen wäre. Dass der Osterspaziergang nicht erst seit Goethe eine symbolische Handlung darstellt, war für mich damals als junger Erwachsener unerheblich und spielte eigentlich keine Rolle. Entscheidender war für mich die Botschaft, die mit dem Osterspaziergang, dem Gang nach Emmaus, verbunden ist. Da sind zwei Freunde miteinander auf dem Weg in ein Dorf. Sie reden über die Ereignisse der letzten Tage und sind sehr traurig, weil ihnen durch diese furchtbaren Geschehnisse alle Hoffnung zunichte gemacht wurde. Und während sie auf dem Weg in dieses Dorf sind, stößt ein Mann zu ihnen, den sie nicht erkennen, obwohl sie doch die letzten drei Jahre mit ihm verbracht haben. Sie hatten mit ihm diskutiert, gestritten, hatten mit ihm wundersame Dinge erlebt, mit ihm gefeiert und gelebt. Und an diesem Tag erkennen sie ihn nicht! Das ist doch eigenartig! Für mich absolut nicht nachvollziehbar. Gut, wenn es vor dreißig oder vierzig Jahren gewesen wäre, dann könnte es sein, dass man sich nicht mehr erkennt. Aber der Tod am Kreuz ist ja nur einige Tage her. Und erst, als die drei miteinadner essen, geht den beiden ein Licht auf.


Mir geht ein Licht auf

Es ist dieses Wort: da gingen ihnen die Augen auf, das mich fasziniert. Endlich habe ich etwas kapiert. Wenn mir über jemand die Augen aufgehen, dann ist es in 95 Prozent der Fälle etwas Negatives, was mir da aufgeht. Jetzt endlich hat sich der andere gezeigt, wie er wirklich ist! Wohlgemerkt: der andere, nicht ich! Manchmal ist es notwendig, dass einem die Augen aufgehen, dass man sich nicht weiter belügt und sich etwas vormacht. Aber ich selbst darf mich dabei nicht aussparen. So ehrlich sollte ich schon vor mir selbst sein. Wenn „mir ein Licht aufgeht“, ist es letztendlich immer gut, mag die Erkenntnis noch so schlimm sein. Ich kann hinterher besser leben, weil ich nun nicht mehr getäuscht werde und mich selbst nicht mehr täusche, weil ich nun endlich die Wahrheit erfahren habe.


Wo würde der Fremde wohl heute einkehren

Und eine weitere Frage ist mit dem Osterspaziergang, dem Gang nach Emmaus, verbunden:  Die Freunde sagten laut dem Bericht in der Bibel, der Fremde möge bei ihnen bleiben, da sich der Tag schon geneigt habe. Und der Fremde bleibt. Er kehrt bei ihnen ein. Wo würde er wohl heute einkehren? Wo würde er wohl heute hingehen? Zu den Starken und Mächtigen doch wohl eher nicht. Er würde ganz sicher in die Asylantenheime gehen, zu den Schwachen und Bedürftigen. Er würde wahrscheinlich auch für den Frieden und für die Abrüstung demonstrieren. Er würde wohl den Mächtigen ins Gewissen reden und sie anmahnen, dass sie endlich mit den Schuldzuweisungen, den Ausweisungen (auch von Diplomaten) aufhören sollen. Er würde wahrscheinlich gegen die Ausbeutung der Erde kämpfen. Vielleicht würde er auch helfen, Brunnen in den Wüsten zu graben, um den dort lebenden Menschen Wasser zu geben und sie vor dem Verdursten zu retten.


Und das Fazit?

Das ist für mich die Botschaft, die mit dem Emmausgang bis heute verbunden ist: Es ist möglich, dass meine Angst zu einem neuen Antrieb wird, dass meine Sorge in Vertrauen mündet. Es lohnt sich, für seine Wahrheit und seine Überzeugung zu kämpfen, wenn sie denn menschenfreundlich ist, ohne den anderen zu diskriminieren oder fertigzumachen. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, damit mir ein Licht aufgeht und ich mit einer vielleicht auch unbequemen Wahrheit besser leben kann, ohne mich und andere dabei niederzumachen. Das ist für mich der Gang nach Emmaus.

Josch 02.04.2018, 11.32

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Julia Feldbaum

Schöner Text! Stimmt nachdenklich!

vom 02.04.2018, 17.01
Antwort von Josch:

Danke für die "Blumen". Mich macht dein Kommentar auch nachdenklich, und zwar in Bezug auf die Inhalte meines Blogs.
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