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Vom Manuskript zum Buch (Teil 10)

Programmarbeit im Verlag

Der weitaus größte Teil aller Buchpublikationen in den Publikumsverlagen im Bereich der Sachbuch- und Ratgeberliteratur (non-fiction, wie man mittlerweile nicht nur in englischsprachigen Ländern dazu sagt), entstehen nicht durch unaufgefordert dem Verlag zugesandte Manuskriptangebote, zumal dann, wenn der Autor* noch nie ein Buch veröffentlicht hat, wenn es sich also um einen unbekannten Autor handelt.



Ein Buch wird in Auftrag gegeben

Die meisten Bücher sind sogenannte Auftragsarbeiten. Oder anders ausgedrückt: Der Verlag möchte ein bestimmtes Thema besetzen, sucht sich dazu einen Autor und fragt bei ihm an, ob er dazu ein Buch schreiben möchte oder kann. In der Regel sind diese Autoren Spezialisten für das angefragte Themengebiet, zu dem der betreffende Verlag ein Buch haben möchte.

Wenn der Autor dann sein Interesse an einem Buch signalisiert und sich beide Seiten über die Konditionen (Umfang, Termin, Honorar etc.) einig sind, das Buch dann zum geplanten Termin erscheinen kann, wenn es dann auch noch die Absatzerwartungen des Verlages erfüllt, dann kommt es allerdings häufig vor, dass der Autor dem Verlag von sich aus ein Buch zur Publikation anbietet. In der Regel geht es im neuen Buch um ähnliche Themen wie beim ersten Buch. Der Verlag ist dann daran interessiert, das gesamte Themenspektrum abzudecken und es den Konkurrenzverlagen dadurch zu erschweren, mit ähnlichen Themen auf den Markt zu kommen. In vielen Verlagsverträgen gibt es deswegen einen sogenannten Optionsparagrafen, mit dem der Verlag den Autor auffordert, ihm seine weiteren Manuskripte zur Publikation anzubieten, sogar solche, an denen der Autor eventuell die Rechte wieder zurückbekommen hat. 


Wie kommt ein Verlag zu seinen Themen

In der Regel geht die Initiative von den Programmleitern (meist Lektoren, Redakteurinnen, aber auch Marketingmitarbeiter) aus. Zu den Aufgaben eines Lektors oder Redakteurs gehört es, den Markt zu beobachten, sprich: das Buchprogramm der Konkurrenzverlage zu studieren, sich auf den sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter, Instagram etc.) zu tummeln und aufmerksam die Themen zur Kenntnis zu nehmen, die dort diskutiert werden und die thematisch zum Buchprogramm des Verlages passen. Beispiel: Wenn einer der Programmschwerpunkte des Verlages „Ernährung/Kochen/Abnehmen“ ist, dann sind die Programmleiter verständlicherweise an allem interessiert, was in den sozialen Netzwerken dazu gepostet wird. Neben den sozialen Netzwerken tragen auch Zeitschriften und Magazine maßgeblich zur Themenfindung bei. Gerade Zeitschriften bieten den Vorteil, dass dort kompetente Redakteure oder Fachautoren schreiben. Und damit hat der Programmleiter bereits bekannte Namen für sein Buch.

Meistens geht der Verlagslektor bzw. Programmleiter ganz gezielt auf bestimmte Themen los, an denen potenzielle Leser interessiert sind (siehe die Posts auf den sozialen Netzwerken, Rezensionen, Blogbeiträge, Kundenrückmeldungen, Bewertungen etc.). Auch Außendienstmitarbeiter der Verlage, also Verlagsvertreter, Key-Account-Manager, Marketingmanager geben wichtige Impulse für die Programmarbeit.


Reports und Hitlisten

Bei der Konkurrenzanalyse hilft zudem der Bestseller-Rang bei Amazon. Der Rang errechnet sich aus der Anzahl der Aufrufe eines Titels oder Themas beim Versender. Je öfter ein Buch aufgerufen wird, desto niedriger ist die Rangzahl, zum Beispiel ist 200 ein hervorragender Rang, wohingegen 2.599.879 einen sehr schlechten Rang darstellt. Hinzukommen die sogenannten GfK-Zahlen (Gesellschaft für Konsumforschung), die tatsächliche Abverkäufe abbilden, und die verschiedenen Bestsellerlisten.


Konstruktive Zusammenschau

Während vor einigen Jahren vielfach die Außendienstmitarbeiter der Verlage wichtige Impulse für die Programmarbeit lieferten, hat sich heute die Erhebungsplattform wesentlich erweitert. So manches Thema in der Vergangenheit (zum Beispiel Teebaumöl, Apfelessig, Mandalas malen, Diäten, Erziehungsratgeber etc.) wäre nicht besetzt worden, wenn es nicht immer wieder Rückmeldungen aus dem Buchhandel gegeben hätte, die von Kunden berichteten, die nach diesen Themen gefragt hatten. Und die Bücher dazu wurden dann zu großen Erfolgen, sprich: es konnten hohe Auflagen gedruckt und verkauft werden.


Warum Auftragsarbeiten

Die Auftragsarbeit ist für das Programm eines Verlages von größter Bedeutung, weil der Verlag damit Planungssicherheit hat und sein Programm nicht beliebig ist. Wäre ein großer Publikumsverlag auf Manuskriptangebote angewiesen, liefe er Gefahr, dass sein Buchprogramm beliebig würde und er in einem Halbjahr zum Beispiel so gut wie keinen Titel publizieren könnte, weil er eben keine oder nur wenige Manuskriptangebote erhalten hat. Gleichzeitig sichert sich der Verlag mit den Auftragsarbeiten hohe inhaltliche Kompetenz, was bei Manuskriptangeboten einen Unsicherheitsfaktor darstellt.


"Problemfall" Belletristik

Auch in der Belletristik sind die Lektoren und Programmmanager daran interessiert,  dass ihre erfolgreichen Autoren nicht nur einen Roman schreiben, sondern kontinuierlich in ihrem Stammverlag publizieren. Ergänzt wird das Belletristikprogramm meistens durch Lizenzausgaben aus dem Amerikanischen oder Englischen, Norwegischen, Finnischen und Französischen. Denn einen großen Teil der Buchpublikationen in der Belletristik machen die Lizenzausgaben aus (Krimis, Frauenliteratur etc.). Auch in der Belletristik gibt es Autoren, die nahezu jedes Jahr einen neuen Roman schreiben, und andere, die sich zehn Jahre dafür Zeit nehmen (siehe Donna Tartt).

Wenn ein Autor einmal eingeführt ist, dann ist der Marketingaufwand für den Verlag auch wesentlich geringer. Denn einen neuen Autor bekannt zu machen, ist mit hohen Kosten und hohem Risiko verbunden, da sich kein Verlag sicher sein kann, dass das betreffende Buch vom Leser auch angenommen wird und sich die in das Buch investierte Mühe im wahrsten Sinne des Wortes auch auszahlt. Denn letztendlich lebt ein Verlag ausschließlich vom Verkauf der Bücher und nicht von seinen speziellen Bemühungen und Verdiensten um die Kultur.

*Um das Lesen nicht unnötig zu erschweren, wurde nur die maskuline (Anrede-)form verwendet (statt AutorIn, Autoren/Autorinnen etc.). Ich bitte um Verständnis.

Copyright Abbildung: Fotolia, alphasprit

Josch 21.01.2018, 12.25

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