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Todesahnung

Wie ist das mit dem Tod? Wie wird das Sterben vonstattengehen? Wird der Tod schleichend oder in großen Schritten kommen? Wird er leise oder laut sein? Werde ich spüren, wie er sich anschleicht und mir den Weg verstellt?



Vielleicht legt er sich zu mir ins Bett und greift nach mir: zunächst kaum wahrnehmbar, ganz sanft und leicht, wie ein Windhauch, ein gehauchter Judaskuss vielleicht, dann zieht sich seine Faust zusammen, wird hart und härter, immer enger und enger, bis sie mir die Luft zum Atmen nimmt. Angst und Entsetzen steigen in mir hoch, brennen in meinem Leib, kriechen langsam den Rücken hinauf und hinunter, bis die Angst im Nacken sitzen bleibt. Die Stirn vom Schweiß bedeckt, die Füße eisig kalt, im Kopf ein hartes Pochen. Unfähig, mich zu bewegen, liege ich da, höre mein schwaches Herz. Mir ist, als säße jemand ganz schwer auf meiner Brust. Ich möchte weglaufen, doch fehlt mir dazu die Kraft. Sie weicht aus den Beinen, saftlos sind die Arme, schlaff liegen die Hände auf der Bettdecke. Ich kann kaum die Augen offen halten. Die Sprache versagt mir. Eine grauenhafte Angst erfasst mich bis in die letzten Fasern meines kümmerlichen Seins, wird zur Verzweiflung, einer Verzweiflung, wie ich sie bisher nicht kannte. Nun aber wird mir schlagartig bewusst, dass mir nun kein Mensch mehr helfen kann. Niemand kann mir diese Angst und Verzweiflung nehmen. Alle mir wohlwollend zugedachte Hilfe der liebsten Menschen, die um mich sind, ist vergebens. Ich nehme Abschied von Frau und Sohn, von Freund und Freundin. Die Trauer in den Augen meiner Liebsten lässt sich nicht verbergen, nicht beherrschen, nicht verstecken. Ich will sie trösten, doch es gelingt mir nicht. Bald ist es vorbei. Dann werden sie ohne mich weiterleben. Neben aller Trauer wird es die Erleichterung geben. Dann werde ich zur Erinnerung, die Tag um Tag, Woche für Woche schwächer wird, bis sie schließlich nur noch in einzelnen Bildern vage überlebt.

Für mich steht nun der letzte Kampf bevor. Der Ausgang liegt schon fest. Es wird meine letzte und endgültige Niederlage sein. Es nützt kein Aufbäumen. Nun ist es zu Ende. Gleich wird mein Bewusstsein schwinden, wird große Finsternis, Umnachtung mich umhüllen. Ich hole ein letztes Mal Luft. Was danach kommt, steht in den Sternen. Vorbei, vorbei. Es ist vollbracht.

Josch 02.02.2016, 12.34

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Diana Napolitano

Sehr anschaulich und düster beschreiben Sie da Ihre letzten Augenblicke! Ich hoffe jedoch sehr, dass man in diesen letzten Momenten nicht ängstlich und von Grauen gepackt wird. Hoffentlich trägt mich mein Vertrauen in das Leben danach und hilft mir "hinüber".
Ich habe mich oft mit meiner Oma über den Tod unterhalten. Sie hatte einen unerschütterlichen Glauben an Gott und sagte zu mir immer: "Ach mein Mädele, das was danach kommt, das ist doch das eigentlich Wesentliche, um das es in unserem Leben geht." Ich habe diese Einstellung immer sehr bewundert. Ich glaube fest daran, dass uns nach unserem Tod etwas Erfüllendes erwartet. Und ich glaube auch an ein Wiedersehen mit all unseren Liebsten.
Schön wäre es natürlich, wenn man nichts in seinem Leben bedauert oder das Gefühl hat, man hätte noch so viel Unerledigtes.
Meine Oma konnte mit ihren 84 Jahren nach einem gut gelebten Leben gehen und meinte zu mir: "Weißt du, mich erwarten da drüben so viele Menschen und so vieles Schönes - das ist so viel mehr, als mir das Leben hier noch geben könnte."
In diesem Sinne ...

vom 07.02.2016, 10.45
Antwort von Josch:

Der Text hat viele Leute berührt, hat Ablehnung und Widerwillen ausgelöst, aber er scheint auch zum Nachdenken anzuregen. Und das wollte ich eigentlich. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn mir das damit gelungen ist, geht er mit der Intention des Blogs konform. Übrigens habe ich den Text schon vor einigen Jahren verfasst und ihn jetzt nur ein wenig stilistisch überarbeitet.
Ich danke Ihnen sehr für Ihren Kommentar!

1. von Aurelia Lucian

Wow, ein sehr, sehr erschreckendes Bild von Gevatter Tod. Das sehe ich ganz anders. Ich denke, es ist eine Art Hinübergehen in eine andere Dimension, voller Licht und Wärme, voll Frieden und Leichtigkeit. Ich hoffe, vor mir Gegangene wiederzusehen, mit ihnen auf einer Sommerwiese zu sitzen, ein laues Lüftchen umgibt uns. Ich möchte meinen Kindern sagen können: Ich gehe nur voraus und warte auf euch! Lasst euch Zeit, für mich ist es nur ein Moment, für euch aber ein ganzes gelebtes Leben! So oder so ähnlich hat es einmal Astrid Lindgren beschrieben ... und so möchte ich es glauben! Ich habe keine Angst vor dem Tod, nur vor dem Leiden ...

vom 02.02.2016, 22.14
Antwort von Josch:

Mir ging es um die Angst unmittelbar vor dem Ableben. Was danach kommt, liegt meines Erachtens in den Sternen. Da drängt sich mein Zweifel in den Vordergrund. Ich hätte auch gern so einen farbenfrohen Glauben... Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren wunderbaren Kommentar!
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