Tag: Alt
»Den späten Herbst kannst du in mir besehen ...«
Da ich ja nun weiß Gott kein Jungspund mehr bin, sondern zu den Senioren gezählt werden muss, werde ich öfter von fremden Menschen auf mein Alter angesprochen. Das ist mir dann sehr unangenehm. Nicht weil ich nicht alt sein wollte, das nicht. Es ist mir unangenehm, weil ich dabei oft das Gefühl habe, mein Gesprächspartner bedauert mich - wegen meines Alters! Selbstverständlich bin ich nicht mehr attraktiv, selbstverständlich dreht man sich nicht nach mir um, selbstverständlich werde ich auch nicht mehr zum sexiest man alive gewählt (was ich schade finde). Das wurde ich übrigens auch in meiner Jugend nicht (was viel tragischer ist). Mein (heutiges) Gesicht zeigt Spuren der Lebensringe, wie Rainer Maria Rilke es so eindrucksvoll in Verse fasste:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Josch 26.05.2024, 18.06 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Josch 14.05.2020, 09.22 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
„Literatur ist mächtiger als Tyrannei“
Mit dieser Aussage endet die Rede von Ahmet Altan, die Yasemin Congar anlässlich der Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises am 25. November 2019 verlas, da der Autor seit über 2 1/2 Jahren in der Türkei im Gefängnis sitzt. „Literatur ist mächtiger als die Tyrannei“ ist sozusagen das Programm seines Buches „Ich werde die Welt nie wiedersehen“, für das Ahmet Altan, der große türkische Intellektuelle und Schriftsteller den renommierten Preis verliehen bekam. „Ich werde nie wieder den Himmel ohne den Rahmen sehen, den die Wände des Gefängnishofes bilden.“ Ahmet Altan befindet sich seit dem Sommer 2016 in Haft. Im Februar 2018 verurteilte ihn das Gericht in Istanbul erneut zu lebenslanger Haft. Nach dem gescheiterten Militärputsch im Juli 2016 verhängte der türkische Präsident den Ausnahmezustand. Es kam zu Massenverhaftungen und massenweisen Entlassungen von Staatsangestellten. Mehrere Hundertausend Bücher wurden verboten, über 150 Medienhäuser geschlossen.
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„Dein Text ist mir nicht frisch genug!“
Neulich sollte ich für ein Magazin einen Artikel über ein Buch zur Kindererziehung schreiben, in dem es ums Schimpfen in der Erziehung geht. Da ich selbst Vater bin und zu der Fraktion gehöre, die leicht laut wird, fand ich das Thema sehr interessant und war ganz neugierig, was die Autorin wohl empfehlen würde. Also machte ich mich über das Buch her und schrieb den Artikel. Ich war ganz zufrieden mit meinem Text und schickte ihn an die Redakteurin. Schon zwei Tage später schickte sie mir den stark überarbeiteten Beitrag mit dem Kommentar zurück, dass er zu wenig frisch gewesen sei und sie ihn deswegen so gut wie neu geschrieben habe. Da war ich zuerst ziemlich verwirrt, weil ich nicht wusste, was das Adjektiv „frisch“ in Bezug auf einen Text bedeuten soll. Wird das Eigenschaftswort frisch doch eher im Zusammenhang mit Lebensmitteln, mit dem Wetter, im Sinne von neu, gerade, soeben verwendet, z.B. die Wäsche ist frisch gewaschen, der Käse ist ganz frisch, auch in Bezug auf Erinnerungen kann man von frisch sprechen, eine Wunde ist frisch, das Wetter, das Aussehen, das Bett kann frisch bezogen sein usw. Aber ein Text? Kann der auch frisch oder vergammelt, alt sein? Und kann etwas zu wenig frisch sein, also nur ein bisschen frisch, ansonsten aber nicht so knackefrisch wie ein Salat im Naturkostladen?
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Ich bin kein Influencer
Ich bin kein Influencer, wenngleich es schon was hat, jemanden zu beeinflussen. Ich will es zugeben. Beeinflussung ist ein ambivalentes Geschehen. Würden wir uns nicht beeinflussen lassen, lernten wir nichts dazu. Die ersten Influencer sind die Eltern, die Geschwister, dann kommen die Kinder im Kindergarten hinzu, die Kindergärtnerin, die Lehrerinnen und Lehrer, die Mitschüler, die Freunde, die Studienkollegen, die Professoren oder die Arbeitskollegen, der Chef, der Meister, die Medien, die Journalisten und Politiker, die Konsumwelt und nicht zuletzt die Freundin oder der Freund, der Ehepartner, und dann die eigenen Kinder. So schließt sich dann der Kreis. Irgendwie sind wir alle Influencer, die von Influencern umgeben sind. Und dennoch bin ich kein Influencer. Ich habe ja keine Kosmetik anzupreisen, wie zum Beispiel Bibi, keine Kleidung, wie Stefanie Giesinger, kann keine Ernährungs- und Kochtipps geben wie Saliha Özcan, und ich weiß vom Leben zu wenig, um das Interesse der Menschen auf mich zu ziehen.
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Geistig bis ins hohe Alter frisch bleiben
Für den interessierten Laien ist es mitunter schwierig, sich im „Wald“ der in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückten Bücher und Internetbeiträge zur Gehirnforschung zurechtzufinden. Seit Jahren boomt die Neurobiologie, nicht zuletzt durch die Leistungen herausragender Wissenschaftler, angefangen von Wolf Singer, Tania Singer (seiner Tochter), Ernst Pöppel, Manfred Spitzer oder Gerald Hüther, um nur einige zu nennen.
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Frühmesse (11)
Hubert trank eigentlich nie Bier. Wenn er Alkohol trank, dann höchstens einen Martini weiß, mit einer Zitronenscheibe am oberen Glasrand. Da er sich aber nicht getraute zu reklamieren, tat er, als wäre er ein eingefleischter Biertrinker und nahm gleich beim ersten Ansetzen des Glases einen möglichst großen Schluck. Und auch der Wirt war ganz konzentriert beim Spiel. Der Bulle sah belustigt zu ihm herüber, schien sich aber für ihn nicht weiter zu interessieren, sondern vertiefte sich gleich wieder in das Kartenspiel.
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Kapitel 10
Ich liege auf dem bequemen Gästebett und starre an die Wand. Der Brunello war fabelhaft. Leider waren es ein oder zwei Gläser über den Durst. Habe ich zu viel geredet? Immer wenn ich innerlich aufgewühlt bin, kann ich mich kaum beherrschen. Dann sinkt meine Schamgrenze, und ich rede und rede, wofür ich mich hinterher oft schäme. Manchmal komme ich mir wie ein kleiner Junge vor.
Magdalena hat in diesem wunderbaren Restaurant ganz schön mit mir geflirtet. Ob sie meine Unsicherheit bemerkt hat? Jedenfalls hat sie mich nicht spüren lassen, wie ahnungslos ich doch im Grunde bin, wenn es um wirklich wichtige Dinge im Leben geht.
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Josch 01.04.2016, 12.02 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Ein Gespräch mit meinem 16-jährigen Sohn
Ich: "Nein, 100 Jahre möchte ich nicht werden."
Sohn: „Warum willst Du nicht 100 Jahre alt werden?“
Ich: „Weil ich mit 100 wahrscheinlich dement bin. Das sagt zumindest die Statistik. Und ein Leben mit Demenz stelle ich mir furchtbar vor. Ganz abgesehen davon, dass dies auch für Dich ganz schön belastend wäre. Ein Vater, der seinen Sohn nicht mehr erkennt...
...weiterlesenJosch 29.02.2016, 16.41 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL