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Gegen das Vergessen
1953 verabschiedet der Kongress der Vereinigten Staaten die House Concurrent Resolution, mit der die Verträge zwischen souveränen Nationen für nichtig erklärt wurden. Damit sollten langfristig sämtliche indianischen Nationen aufgelöst, terminiert, werden. Dagegen stemmt sich Thomas Wazhashk, Vorsitzender des Stammesrats der Turtle Mountain Band of Chippewa und Nachtwächter in der Lagersteinfabrik von Turtle Mountain. Bei seinem Dienst kämpft er nicht nur gegen den Schlaf, sondern vor allem gegen diese Terminationspolitik des Kongresses, angeführt von Senator V. Watkins, unermüdlicher Verfechter der Enteignung indigener Gruppen und glühender Anhänger der Mormonen, nach deren Auffassung Indianer kein Recht auf Land und Boden haben, weil sie nicht dem Menschenbild der Mormonen entsprechen. Thomas schreibt Briefe an Senatoren, an den Landrat, an Zeitungskolumnisten, aber auch an Mitglieder seines Stammes, die sich mit Fragen an ihn wenden. Dazwischen erledigt er seine Kontrollgänge durch das Werk. Und er spricht bei der Arbeit häufig mit Gegenständen, was aber für die Stammesmitglieder ganz normal ist.
...weiterlesenJosch 13.01.2022, 12.26 | (0/0) Kommentare | TB | PL
„Darf ich bitten … ?“
Ich bin aufgeregt. Mit vier Freunden zusammen gehe ich auf eine Beatparty, wie eine solche Veranstaltung damals hieß. Die Bands nannte man Beatgruppen (erst sehr viel später wurden sie dann mehr dem Rock zugeordnet und Rockgruppen genannt). Die Partys fanden oft an einem Sonntagnachmittag statt. Sie begannen gegen 15:00 oder 16:00 Uhr und dauerten etwa drei Stunden. So konnten auch Jugendliche daran teilnehmen, die noch nicht 16 waren. Die Gruppen spielten laut, meistens die Hits der bekannten Gruppen. Es war die Musik der Hollies, der Animals, der Beatles, der Rolling Stones, der Byrds, der Spencer Davis Group, der Them, der Troggs, der Doors, der Kinks, der The Who, der Lords und der Rattles.
...weiterlesenJosch 11.01.2022, 11.38 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Josch 24.12.2021, 10.55 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Wohin führt es, wenn Zaudern Konjunktur hat?
Wenn Zauderer von entschlossenem Handeln sprechen, gehen bei mir alle Alarmglocken an. Es ist schon erstaunlich, welch unterschiedliche Mäntelchen sich Zauderer überwerfen. Wer gestern noch gezögert hat, tritt heute als unbeirrbarer Macher auf, der trotz Gegenwinds mit vermeintlich kühlem Kopf handelt. Um vom zaudernden Saulus zum unerschrockenen Paulus zu werden, braucht es schauspielerisches Geschick. Das bewundere ich so an unseren Politikern, allen voran an Markus, dem Unbeirrbaren, der aber offenbar mit einem schlechten Kurzzeitgedächtnis geschlagen ist. Hat er doch glatt die Warnungen der Wissenschaftler und des Robert-Koch-Instituts vom Sommer dieses Jahres vergessen. Abnehmendes Kurzzeitgedächtnis ist eine bedauernswerte Begleiterscheinung des Alterungsprozesses.
...weiterlesenJosch 01.12.2021, 17.01 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Eine Elterngeneration, die ihre Jugendlichen im Stich lässt
Was kann uns Literatur über die Zeit der frühen 1930er-Jahre heute noch sagen? Ist nicht längst alles hinreichend aufgearbeitet, reflektiert und dokumentiert? Haben wir nicht genug aktuelle, weltumspannende Krisen und Konflikte, mit deren Bewältigung wir mir als genug beschäftigt wären? Ich meine, dass uns „Die verlorenen Stürme“, dem Roman von Susanne Kerckhoff, der von der unseligen Zeit zwischen 1932 und 1933 aus der Sicht Jugendlicher in Berlin erzählt, eine überraschende Einsicht vermitteln kann. Eine Einsicht, die auch heute noch aktuell ist.
...weiterlesenJosch 15.11.2021, 21.31 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Epos über Freundschaft, Treue, Trauma und menschliche Güte
Malcolm, JB (Jean Baptist), Willem und Jude haben sich am College kennengelernt und sind seitdem eng befreundet. Malcolm studierte Architektur, JB Malerei, Willem Schauspiel und Jude Jura und Mathematik. Nun leben sie in New York und schlagen sich mehr schlecht als recht durchs Leben, außer Malcolm, Sohn eines sehr vermögenden afroamerikanischen Rechtsanwalts und einer Literaturagentin. Er wohnt bei seinen Eltern in einem Stadthaus, in der Nähe der Park Avenue. JB wird von seiner Mutter, einer promovierten Pädagogin, unterstützt. Wie Malcolm ein Schwarzer, arbeitet JB an der Rezeption einer Zeitschrift, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Am Abend und an Wochenenden malt er in einem Loft in Long Island City, das dem sehr vermögenden Ezra gehört, einem – wie JB sagt – sehr schlechten Künstler.
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Mutige Menschen: die belarussische Freiheitsbewegung
Am 9. August 2020 fanden in Belarus Wahlen statt, bei der nach offizieller Schreibweise über 80 Prozent der Wähler für Alexander Lukaschenko stimmten, den letzten Diktator Europas, der seit 1995 Präsident des Landes ist. Im Jahr seines Amtsantritts fiel Lukaschenko mit einer Aussage über Hitler auf, als er erklärte: „Es dauerte Jahrhunderte, um die deutsche Ordnung herzustellen. Unter Hitler erreichte diese Formation ihren Höhepunkt. Dies entspricht unserem Verständnis einer Präsidentenrepublik und der Rolle eines Präsidenten darin.“ Das sagt eigentlich alles über diesen Menschen. Zum Jahrestag der Wahlen vor einem Jahr und dem mutigen Protest der Menschen im Anschluss daran erschien im Verlag das kulturelle Gedächtnis das Buch „Stimmen der Hoffnung“.
Josch 15.08.2021, 14.51 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Der Kampf um den richtigen Ausdruck
Es ist mir ein Bedürfnis, wieder einmal über die deutsche Sprache nachzudenken. Ich habe mich nahezu mein ganzes Leben an Stil, Grammatik, Syntax und Interpunktion abgearbeitet und dabei immer wieder mit den gleichen Problemen und Konflikten gekämpft. Ich muss immer noch den inneren Kampf überwinden, wenn ich als Lektor in einen fremden Text eingreife und ihn bearbeite, weil ein Verlag mich damit beauftragt hat, also wünscht, dass ich den Text verbessere. Doch ich bin einfach unsicher. Besonders stark wird der Konflikt, wenn ich allgemein und vielfach verwendete unschöne oder umgangssprachliche, teilweise falsche Formen verbessere bzw. ersetze. Darf ich das? Aber stehen lassen kann ich die mich störenden Ausdrücke oder Wendungen auch nicht. Das würde meinen inneren Zwiespalt nur auf eine andere Ebene verlagern, und ich würde mir vorwerfen, keine gute Arbeit geleistet zu haben. Was also tun?
...weiterlesenJosch 14.07.2021, 17.45 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Porträt einer Gesellschaft, die ins Rutschen geraten ist
James Baldwin ist einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. „Warum James Baldwin lesen, heute, dreißig Jahre nach seinem Tod?“, fragt Verena Lueken in ihrem Vorwort zu Baldwins Roman Von dieser Welt. Und sie gibt die treffende Antwort: „Wer einmal einen Satz von ihm laut aufgesagt hat, wird die Frage überflüssig finden.“ Genauso ging es mir, als ich die neue Übersetzung von Ein anderes Land gelesen habe. Es ist ein unglaublich tief berührender Roman, der einen hineinzieht in die „rassistisch gespaltene US-amerikanische Gesellschaft der Fünfzigerjahre“, wie René Aguigah im Nachwort des Buches ausführt.
...weiterlesenJosch 24.06.2021, 12.26 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Tramhalte Beethovenstraat
Andreas, Verfasser zweier Gedichtbände und einer Novelle, entkommt 1942 dem Braunen Moloch, weil ihn ein Stabsarzt kriegsverwendungsunfähig schreibt. Er wird als Berichterstatter einer Zeitung nach Amsterdam geschickt. Von seinem Zimmer in der Beethovenstraat aus beobachtet er, wie jede Nacht vierhundert Juden abtransportiert werden: „… es war Punkt zwei; er machte das Licht aus, lief zum Fenster und riss es auf. Unten standen vier Trambahnen mit je einem Anhänger, dahinter bewegte sich eine dunkle Masse, einige hundert Menschen mussten es sein; fahle Gesichter im Schein der blauen Taschenlampen, die von Jungen mit weißen Armbinden gehalten wurden. An den Flanken standen ein paar Uniformierte (Soldaten, Polizisten?) mit großen Schäferhunden an kurzen Leinen.“
...weiterlesenJosch 24.05.2021, 18.04 | (0/0) Kommentare | TB | PL